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Seltsamerweise wurde das Stück Liszt gewidmet und nicht Clara, obwohl

alles auf sie hindeutet. Es ist möglich, dass ihr das Werk auf technischer

Ebene standhielt, obgleich sie alles in allem eine ausgezeichnete Pianistin

war. Noch heute muss man sich voll und ganz dem halluzinierten

Strudel des ersten Satzes hingeben. Der zweite Satz – „Mäßig. Durchaus

energisch“ – mit seiner Abfolge punktierter Rhythmen und unheimlicher

zweihändiger Sprünge verlangt einen präzisen Anschlag. Laut Swjatoslaw

Richter schloss man zum Meistern der Schwierigkeiten in dieser

akrobatischen Coda lieber die Augen! Wie dem auch sein, die

Fantasie

eröffnet unendliche Perspektiven, die sich unerlässlich erkunden lassen.

Die

Kreisleriana

verweisen eher auf die Literatur und erinnern daran,

dass Schumann, ein Bewunderer Jean Pauls, Dichter hätte sein können.

Vielfältige Landschaften mit lyrischen und teuflischen Augenblicken

gleich Momentaufnahmen ziehen in seinem Kopf vorüber. Ich sehe das

als eine Art stimulierendes Spiel, und jede Stimmung wird mit einer

besonderenTonart zumAusdruckgebracht.Wie immer bei Schumann sind

die inneren Stimmen zu suchen, und er fand Gefallen daran, unaufhörlich

Fragen zu stellen, den Interpreten anzustacheln, vielseitige Ebenen zu

offenbaren. Dies erfordert Kontrolle, aber auch ein Fieber, Ausbrüche und

unbändige Zärtlichkeit. Die Partitur wurde Chopin gewidmet, der sie nicht

verstand und sogar hasste. Dabei ging die Herrlichkeit der musikalischen

Tiefe mitunter weiter als Chopin erkannte.