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MENAHEM PRESSLER 43

Sie haben Deutschland kurz vor dem Zweiten Weltkrieg verlassen

und wie viele Musiker aus Europa haben Sie Ihre Kunst in den

USA weitergegeben. Behaupten Sie von sich, den Einfluss einer

ganz bestimmten musikalischen Tradition zu vertreten?

Selbstverständlich. Das was Sie Tradition nennen, ist eine Geschichte, in die wir

uns einschreiben, indem wir auf den Spuren der Interpreten wandeln, die – vor

uns – die Werke, die auf dieser CD versammelt sind, gespielt und aufgenommen

haben. Artur Schnabel, Wilhelm Kempff, Edwin Fischer usw. waren nicht etwa

„groß“, weil sie Klavier spielten, sondern weil sie die Schönheit und die Größe in der

Musik suchten. Hier ist es also dieWiener Tradition. Die StadtWien spielt dabei eine

ganz wichtige Rolle, sowie später dann Leipzig für Mendelssohn und Schumann.

Was denken Sie über den folgenden Satz, den man Gustav Mahler

zuschreibt: „Tradition ist Schlamperei“?

Ich glaube, dass Mahler sagen wollte, dass das sklavische Nachahmen dessen,

was man hört, ist, wie als zögen Sie eine Jacke an, die nicht die Ihre ist! Jeder muss

seinen eigenenWeg finden.