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NICOLAS DAUTRICOURT

Sie bringen eine Aufnahme heraus, die ausschließlich einem so gut wie

unbekannten Teil von Sibelius‘ Werk gewidmet ist. Wann und wie haben

Sie diesen Teil seines Werkes wiederentdeckt?

Vor fünf Jahren bin ich, weil es zufällig ein Programmkonzept so wollte, auf neue

Stücke gestoßen, von denen einige von Sibelius waren, und zwar vor allem seine

Humoresques

.

Im Laufe der Zeit bekam ich dann Lust, parallel zu seinem sinfonischen Schaffen

auch noch den Rest dieser Stücke zu erkunden; sie erschienen mir, im Verhältnis

zum Gesamtkorpus, sehr eigenständig und persönlich, weder einer bestimmten

„Schule“ noch irgendeiner Sprache zugehörig. Ich bin von der außergewöhnlichen

Unabhängigkeit seines Denkens fasziniert.

Wie erklären Sie es sich, dass ein solches Schaffen dermaßen

vernachlässigt wird?

Gerade die Sprache ist in diesem Teil des Werks wohl weniger direkt als in dem

berühmten

Violinkonzert

, von dem oft leider nur der virtuose und mitreißende

Aspekt, der beim ersten Hören entsteht, wahrgenommen wird. Die Atmosphäre

der anderen Stücke aber ist geheimnisvoller und intimer. Die Virtuosität ist dort

zweitrangig. Natürlich kann die Geige strahlend wirken, aber die allgemeine

Atmosphäre ist vertraulicher, gewissermaßen „kammermusikalischer“, was Farben

und Impressionen mehr Raum bietet.