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NICOLAS DAUTRICOURT
Sie kehren nach mehreren Jahren der Stille zur CD-Aufnahme zurück.
Was war der Grund Ihrer Abwesenheit?
Jeder Karriereabschnitt erfordert einen beachtlichen Zeitaufwand. Ich habe bis
jetzt die Direktheit des Konzerts bevorzugt und interessiere mich erst seit kurzem
wirklich für die CD als Musikobjekt; sagen wir, ich brauchte etwas Zeit, um der
„Studioaufnahme“ einen authentischen Wert abzugewinnen, etwas, das ich nur
bei „Liveaufnahmen“ für möglich hielt. Und sagen wir es zudem mal ganz klar:
Heutzutage bildet die CD mit den Techniken, die uns zur Verfügung stehen, nicht
so sehr die Art, wie gespielt wird, als vielmehr die, wie man gerne spielen würde,
ab! Denn der Künstler im Studio unternimmt alles, um sein eigenes Material bis
ins Unendliche zu überarbeiten und umzuarbeiten, mit dem Ziel, eine Perfektion
zu erreichen, die er oft auch erlangt, aber mit dem Risiko, dem Material eben
auch seine Flamme zu nehmen. Im Gegensatz dazu zeugt die Konzertaufnahme
von musikalischen Absichten, die Direktaufnahmen von Momenten sind, bei
denen minimale Annäherungen meistens akzeptabel sind, denn sie sind in eine
allgemeine und vor allem spontane Geste eingebunden. Ich hätte fast Lust zu
sagen, dass heutzutage das Aufnehmen einer Studioplatte bedeutet, Probleme
zu lösen, die man in einem mitgeschnittenen Konzert nie gehabt hätte! Aber wir
haben uns auf das Spiel im Studio eingelassen und gehen daraus zufrieden und
äußerst glücklich hervor.