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TALICH QUARTETT 23

Seine Kammermusikwerke spiegeln beinahe immer eine persönliche Tragödie

wider. Er vertraute seinen Partituren seine Enttäuschungen und Erwartungen an

und malte ein Selbstporträt, das er dem Publikum seiner sinfonischenWerke nicht

zeigen konnte. Darf man darin einen therapeutischen Aspekt sehen?

Das

Klaviertrio op.15

komponiert er 1855 nach demtragischenTod seines vierjährigen

Töchterchens Bedriska. Zwanzig Jahre später ertönt mit dem

Ersten Strichquartett,

„Aus meinem Leben“ in e-Moll

ein weiterer Verzweiflungsschrei: in der Nacht vom

19. auf den 20. Oktober 1874 wird Smetana völlig taub. Der erfolgreiche Musiker ist

bei dieserTragödie gerade fünfzig Jahre alt. Er tritt von allen seinen öffentlichen und

kulturpolitisch relevanten Ämtern zurück, darunter die Leitung des Provisorischen

Theaters Prag.

Das

Streichquartett

wird zu einem

Tagebuch

, da ihmklar wird, dass er keine größeren

Werke mehr schreiben kann. Er stellt das Quartett im Dezember 1876 fertig; es

hat eine Dauer von 1/2-Stunde und ist eine Autobiographie in vier Sätzen bis zur

Lebenskatastrophe. Mit einer bäuerischen Polka, demVerhängnis der Taubheit, ist

es doch erstaunlich, dass dasWerk auf einem relativ hoffnungsvollen Ton schließt.

Das

Streichquartett in a-Moll

wurde im privaten Rahmen bei Josef Srb-Debrnov

uraufgeführt; an der Bratsche war ein gewisser Antonin Dvořák. Die öffentliche

Uraufführung fand am 29. März 1877 im Konvikt von Prag statt.