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118 BRAHMS_DAS GESAMTWERK FÜR KLAVIER

Die

sieben Klavierstücke

des Opus 116, auch

Fantasien

genannt (ein Titel, der in

Wahrheit nur zu dem dritten Stück passt, einer zuvor bereits komponierten

nordischen Ballade) lassen sich wie das Opus 76 in

Intermezzi

und in

Capricci

gliedern und funktionieren wie bereits genannt. Von den drei

Capricci

geht ein Gefühl gequälten Hochschreckens aus, wie als schlage das Herz

eines eingesperrten Jugendlichen im Körper eines Sechzigjährigen an die

verriegelte Tür der Vergangenheit. Die vier

Intermezzi

wiederum verbreiten

eine süße Melodie, die versucht, die Erschöpfung zu lindern, ohne jedoch

über sie hinwegzutrösten.

Die drei

Intermezzi

des Opus 117 sind, wie die

Balladen

des Opus 10 (sie

wieder, natürlich: immer wieder sie) von einem Text inspiriert, und zwar

sogar von einem schottischen Text, der ebenfalls aus Herders

Stimmen der

Völker

stammt – eine Klage in Form einesWiegenlieds. Ohne, dass auch hier

wieder, auf diesen Seiten, je etwas narrativ noch beschreibend ist, verleiht

die Stimme einer Mutter, die ihr Kind wiegt, der Komposition des ersten

Stücks ihren Klang. Im zweiten Stück hört man diese Stimme erneut, die

sich durch ein Wiegenlied quält und zugleich Anklänge einer betrogenen

Frau aufflackern lässt. Das dritte Stück ist umspült von einer unterschwellig

leidenschaftlichen Bitterkeit. Es beschließt den Triptychon in gebrochenen

Tönen.