Background Image
Previous Page  43 / 56 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 43 / 56 Next Page
Page Background

43

WILHEM LATCHOUMIA

Das erste große Werk de Fallas war dem Tasteninstrument gewidmet. Die

Cuatro

piezas españolas

(

Vier spanische Stücke

) – ein einfacher Titel, kein nationalistisches

Manifest – können als Coda von Albéniz‘

Iberia

betrachtet werden. De Falla

beendete sie in Paris im Zuge seiner Entdeckung der ersten Bände, die der

Komponist Blanche Selva zur Uraufführung am 2. Januar 1908 in den Salons der

Prinzessin de Polignac anvertraut hatte. Diese Offenbarung ließ ihn zwei bereits

1906 in Madrid vollständig beendete Stücke aus seinen Schubladen hervorholen:

Aragonesa

und

Cubana

. Er verlieh ihnen den letzten Schliff und erhielt zugleich den

Impuls, zwei weitere zu schaffen:

Montañesa

, dann

Andaluza

, die er anschließend

imMonat Februar schrieb.

Aragonesa

war von Albéniz‘

Recuerdos de viaje

inspiriert. Während die Themen

von

Aragonesa

aus einer imaginären Folklore stammen, beschwört

Cubana

eine

wahrhaftige

Guajira

herauf, eine karibische Musik wie jene, die Gottschalk beliebt

gemacht hatte. Das Meisterstück des Werks und de Fallas insgesamt bleibt

Montañesa

, das den Untertitel „

Paysage

“ (Landschaft) trägt. Es greift Note um

Note das große impressionistische Stück

LaVega

auf, das Albéniz vor

Iberia

schrieb.

Glockenspiel, Verräumlichung der Klangfarben, ein poetischer Rahmen, der eine

subtile Landschaft enthüllt, alsbald unterhalten von einem kleinen ironischen

Lied – eigentlich eine kirchenfeindliche Strophe! – das schnell am harmonischen

Horizont verschwindet.

Andaluza

bekräftigt mit seinem rhythmischen Schwung

den Charakter eines wahren Schlussstücks. Es beschwört und stilisiert zugleich

den

Cante jondo

, lässt eine Tänzerin erscheinen, einen Cantaor ertönen und bietet

vor allem ein neues harmonisches Vokabular. Am 27. März 1909 wurde es im Salle

Erard von Ricardo Viñes uraufgeführt. Die Stücke brachten de Falla einen Vertrag

mit dem Verlag Durand, dem ihm keine Minderen als Dukas, Debussy und Ravel

empfohlen hatten, welche alle von der Herrlichkeit des Bands sowie von der

diskreten Bescheidenheit des Komponisten erobert waren.