

26 BEETHOVEN
Die
Große Fuge
, die eine quasi-orchestrale Klangpracht besitzt, hört man als ein
Ganzes, das unerschütterlich ist, und schwindelerregend sowie revolutionär:
Beethoven drängt hier die im ganz eigentlichen Sinne musikalischen Grenzen,
die er sich auferlegt, bis an den Abgrund. Es ist ein gewaltiges, sinfonisches
Fortschreiten, doch zweifellos kein Werk des absoluten Triumpfs, denn das
Frohlocken seiner im Schwung aufsteigenden Phasen bewahrt fast immer einen
Charakter von äußerster Schwere, ein Mitschwingen und eine Farbigkeit, die
zutiefst tragisch sind. Eine unbeugsame, mächtige, keineswegs hochtrabende
Geste ist dieser Rückgriff auf die Fuge, einer von Beethovens Geniestreichen, mit
dessen Hilfe er, durch diese formelle „Distanz“ hindurch, zurückgelangen konnte
zumAusdruck von Unvorhersehbarkeit, Vielgestalt und Eigenständigkeit.
Die ganz eigene Sprache dieses Werks ist eine Sprache der
Grenzen. Dieses Werk besitzt das herausragende Recht eines
jeden Meisterwerks, das Recht nämlich, in sich selbst zu fließen
und zu stocken.