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MENAHEM PRESSLER 61

Zurück von der Reise bleibt Mozart, um aus der finanziellen Sackgasse heraus

zu gelangen, keine andere Wahl mehr, als noch einmal seinen Logenbruder, den

reichen Tuchhändler Puchberg, um Hilfe zu bitten: „

Gott! ich bin in einer Lage, die

ich meinem ärgsten Feinde nicht wünsche . . . mein Schicksal ist leider . . . mir so widrig,

daß ich auch nichts verdienen kann, wenn ich auch will

“. So schreibt er es Puchberg am

12. Juli 1789. Unterwegs hat das Zerwürfnis mit dem Prinzen Lichnowsky – dem

zukünftigen Gönner Beethovens, mit dem er losgefahren war – seine Ausgaben

in die Höhe schnellen lassen. Es gab großartige Erfolge, und das Wiedersehen mit

zahlreichen Musikerfreunden war reich an Emotionen, aber die erhofftenAufträge

bleiben aus, außer dem des Königs von Preußen, der ihn damit beauftragt, eine

Reihe von sechs StreichquartettenundeineweitereReihe von sechs Klaviersonaten

zu komponieren, die technisch für die Prinzessin von Preußen machbar sein sollen.

Diese letzte Sonate könnte daher vielleicht als derVersuch einerAntwort auf diesen

Kompositionsauftrag geschrieben worden sein. Doch ist sie mitnichten leicht

und zeugt ganz im Gegenteil von sehr großer kontrapunktischer Komplexität,

die vielleicht dem erst kürzlich zurückliegenden Besuch in der Thomaskirche

in Leipzig geschuldet ist, wo Mozart neue, ihm bis dahin noch unbekannte

Bachpartituren entdeckt hat. So erstehen aus dem kleinen Fanfarenmotiv

fugenartige Entwicklungen, die man diesem kleinen Motiv vorher, bei seinem

ersten Erklingen, in keiner Weise zugetraut hätte. Mozart schreibt, und dies wird

Beethoven als Beispiel dienen, in dem

Adagio

eine Verzierung „bei allen Noten“

vor, die dem stimmlichen und prosodischen Ausdruck der Motive Diminutionen

beifügt. Das

Allegro

greift das erste Motiv wieder auf und intensiviert unaufhörlich

den Kontrapunkt, der eine modulierende und instabile Rede kanalisiert, deren

Unbehagen so jenseits allerWorte zumAusdruck kommt.