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32 CHOPIN | SECRET GARDEN Als ich elf Jahre alt war, lernte ich Dominique Merlet kennen, der später mein Lehrer am Pariser Konservatorium wurde. Bei unserem ersten Treffen spielte ich ihm Chopins Klaviersonate Nr. 3 vor. Er warf meinem Lehrer vor, mich an diesem für mich zu schwierigen und körperlich gefährlichen Werk arbeiten zu lassen. Er hatte nicht unrecht. Dennoch verstand ich rasch, dass mich Dominique Merlets extrem hoher Anspruch schnell entmutigen würde, insbesondere bei der Kunst des wie von Chopin angegebenen Pedaleinsatzes. Ich werde ihm nie genug für seine pädagogischen Geistesblitze danken können, die ich erst viel später verstand. In diesen Anekdoten steckt genug Nahrung für einen „geheimen Garten“ aus all diesen Stücken, die ich immer einspielen wollte, ohne es zu wagen… Einige Monate im Lockdown beschleunigten die Umsetzung des Projekts. Das Album erscheint mir in Wahrheit wie das „kühnste“ meiner Diskografie. Mit welchem Vergnügen ich alle Risiken einging! Zudem bietet das Einspielen in der Akustik des Konzertsaals des Arsenal in Metz bemerkenswerte Möglichkeiten in Bezug auf die Stimmungen und die Wiederherstellung einer Art klanglichen Innigkeit, die der Musik vollkommen entspricht. Welchen Platz nimmt Chopins Werk in Ihrer musikalischen Ruhmeshalle ein? Chopin ist vielleicht neben Wagner der größte Komponist aller Zeiten. Beide zettelten musikalische Revolutionen an, die von ihren jeweiligen Neurosen herrührten! Ersterer komponierte fast ausschließlich fürs Klavier, Letzterer hauptsächlich Opern, aber jeder für sich überholte sein liebstes Gebiet von Grund auf.

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