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25 VANESSA WAGNER & WILHEM LATCHOUMIA Das überaus bunte Album beginnt und endet mit sehr schlichten Stücken von Satie. Wofür stehen diese? Vanessa Wagner: Es sind Verweise auf unser amerikanisches Programm. Wir sind es gewohnt, als Zugabe das Stück „Manière de commencement“ zu spielen, und erinnern damit an Satie als Vorreiter der minimalistischen und repetitiven Strömung. Er ging sogar so weit, mit Vexations ein Werk zu schreiben, das 840 Mal wiederholt werden sollte! Der Komponist hätte mehr Beachtung verdient. Er war ein Neuerer, dessen Musik fast im Gegensatz zu seiner Zeit stand. Mit einer äußerst schlichten Sprache bringt er eine Verzweiflung und eine Melancholie zum Ausdruck, die mich tief berühren. Nach der Notenfülle von La Valse und La Mer ist die zarte Nostalgie einer Gymnopédie wie der Schluss einer Geschichte! Wilhem Latchoumia: John Cage, der Vexations gemeinsam mit David Tudor uraufführte, betrachtete Satie als eine der großen Figuren des Modernismus. Und uns erschien es passend, seine Musik durch das Prisma dessen zu spielen, der laut Paul Griffiths die Musik zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit seinem Prélude à l’après-midi d’un faune in die Moderne geholt hatte. Denn die Grundlage unseres Arrangements für zwei Klaviere bildet Debussys Bearbeitung der Ersten Gymnopédie für Orchester. Ob es etwas seltsam ist, eine Transkription von einer Transkription zu erschaffen? Eben genauso seltsam wie Satie! Es ist unsere Art, uns seiner Exzentrik anzunähern!

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