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36 CHAUSSON ∙ RAVEL ∙ ENESCU Auf dieser Platte wird die Caprice roumain von Chaussons Poème und Ravels Tzigane begleitet. Wie haben Sie diese Wahl getroffen? Die Wahl fiel ganz natürlich auf Chaussons Poème . Enescu spielte es unaufhörlich. Alle Zeitzeugen hielten ihn für einen außerordentlichen Interpreten. Ich mag diese Partitur sehr. Sie ist eine Liebeserklärung an die Violine. In dieser tiefgreifenden und farbenfrohen Musik verbirgt sich wie in allen Stücken Chaussons eine wahre Eigenheit und Ehrlichkeit. Bestimmt ist es das, was Enescu an Poème schätzte. Enescu spielte auch oft Ravels Tzigane . Die Sinnlichkeit von Poème einerseits und der Intellekt und die größere Distanzierung von Tzigane andererseits spiegeln die beiden vorhin genannten Facetten des Komponisten Enescu wider. In seinem Titel spielt das Stück Tzigane direkt auf eine Form der traditionellen Musik an, die Rumänien mit seiner großen Roma-Bevölkerung nicht fremd ist. Ist diese Musik tatsächlich in Ravels Werk zu finden? Ravel gab selbst zu, dass es sich nicht wirklich um Zigeunermusik handelt. Er schrieb ein virtuoses Stück im Geiste dieser Musik, aber blieb von der wahren Zigeunermusik entfernt. Es ist purer Ravel und somit geniale Musik. Enescu versuchte, die traditionelle Musik authentisch wiederzugeben – Ravel komponierte vor allem Ravel und stützte sich dabei auf die mit seinem Geist und seiner Empfindsamkeit wahrgenommenen Spielweise dieser Musik. Es ist eine Interpretation, eine Anspielung auf die Zigeunermusik.

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