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DAVID GRIMAL ∙ LES DISSONANCES 31 Hat er noch heute eine große Symbolkraft in Rumänien, auch außerhalb der musikalischen Welt? Absolut. Enescu schlug in einer Zeit, in der die musikalischen Institutionen Rumäniens entstanden, wie ein Meteor ein. Die ersten Orchester und Opern wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründet, und Musik war einer der stärksten Kleister des aufkommenden Nationalgefühls. Rumänien ist eines der wenigen Länder weltweit, deren Nationalheld ein Kunstmusiker ist! Wie lässt sich dieses Phänomen erklären? Die Rumänen sind sehr stolz auf ihr Kulturerbe und ihre Geschichte. Enescus Musik verkörpert die Seele seines Volks und seines Landes. Zudem wird Enescu mit dem goldenen Zeitalter des großen Rumäniens zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Verbindung gebracht und wäre aus dieser Epoche nicht wegzudenken. Seine internationale Karriere als Schöpfer und Interpret umgab ihn mit einer Aura, die kein rumänischer Musiker je hatte. Seine Schüler Dina Lipatti und Yehudi Menuhin bestätigten den unglaublichen Anspruch ihres Lehrers: Er sei die Musik selbst gewesen. Die überlieferten Platten erinnern uns an die Schönheit und den Reichtum seines Ausdrucks.
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