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44 Von welchem „Schmerz“ sprechen Sie? Schubert war in gewisser Weise ein Opfer Wiens, einer Stadt, die im Laufe ihrer gesamten Geschichte Profit aus den dort verkehrenden Genies zu ziehen wusste. Schuberts enge Freunde Franz von Schober und Johann Michael Vogl boten ihm einige Gelegenheiten, mit gebildeten Menschen und Dilettanten in Kontakt zu kommen. Ansonsten erfuhr Schubert nur Leid: in der Familie, in der Liebe, im Beruf. Ich bin der festen Überzeugung, dass seine Musik unterschwellige Botschaften übermittelt, die Geständnisse seiner eigenen Existenz darstellen. Die rhythmische Besessenheit, die harmonischen Mehrdeutigkeiten, die Modulationsspiele, die große Bedeutung der Stille, aber auch das Übermaß an Einklängen… All dies stürzt den Interpreten in eine außerordentliche und fürchterliche Einsamkeit. Die Musik schneidet direkt ins Herz. Ich empfinde jedes Mal tiefe Bestürzung. SCHUBERT ∙ KLAVIERSONATEN D 840 & D 960
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