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50 PROKOFIEV_ FLÜCHTIGE ERSCHEINUNGEN Als er in Köln ankommt, im Unterricht von Vassily Lobanov, steckt man ihn jedoch in die Schublade des kleinen, artigen und fein gekämmten Dings. Denn Lobanov hatte im ganzen Nachhut der sowjetischen Musik verkehrt und es braucht mehr, um ihn zu beeindrucken. Es stimmt, dass Florian Noack der Jüngste seiner Klasse ist und seine Kameraden ihm wenig den hellen Wahnsinn zutrauen. Ist er nicht dieses blonde und so höfliche Kind, das Chopin ohne das geringste Rubato spielt? Deshalb gewinnt er wahrscheinlich das lieb, was ihm nicht ähnlichsieht. Üppige, weite, großzügige Partituren; die Musik von Sergej Ljapunow wird zu seinem guten Stern, um nur einen zu nennen. Seine Ehefrau Nare ist diejenige, die ihn ermutigt, mit Prokofjew wieder Kontakt aufzunehmen. Sie hält ihm die Partitur des ersten Violinkonzerts unter die Nase, welche voll von Zauber und weit entfernt von der schonungslosen Maschinerie ist, von der er dachte, dass sie ihm vertraut sei. „Ich habe endlich andere Seiten des Komponisten entdeckt, ein Feingefühl, einen Sinn für Nostalgie, den er offenbar von Anatoli Ljadow und Nikolai Rimski-Korsakow geerbt hat.“ Unterwegs nimmt er die Flüchtigen Erscheinungen geradezu körperlich in Besitz, saugt sich von Kopf bis Fuß damit voll und ebendiese sind das Hauptmotiv des vorliegenden Phonogramms.
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