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PHILIPPE CASSARD 35 Zuletzt fand man diese Kraft, diesen Sinn für Registrierung in der Wanderer- Fantasie von 1822 – zum Beispiel die gleichzeitige Verwendung der äußersten Höhen und Tiefen. Der zweite Variationensatz, extrem wienerisch in seinem tänzerischen Pulsieren und seinem leuchtenden C-Dur, kündigt das Impromptu D.935 Nr. 3 von 1828 an. Besonders bemerkenswert ist die dritte Variation in c-Moll mit Akkorden, die durch ihre Appoggiaturen vor Schmerzen gekrümmt scheinen, sowie die letzte, ein langes Band wiederholter Akkorde, die an jene des Chors mit Tenor Nachthelle D 892 erinnern, wo weit entfernt in der sternenklaren Nacht ein Hornquartett ertönt. Das schwarz-weiße Scherzo ist von zornigen Akzenten durchbohrt, während das Trio eine außerordentlich träumerische Pause einlegt und mit seinen harmonischen Verbindungen zutiefst mitteleuropäisch anmutet. Das Finale Rondo , oft mit jenem von Mozarts Klaviersonate KV 310 in derselben Tonart a-Moll verglichen, ist noch scheuer, beunruhigter, durchbrochen von beißenden Ausbrüchen, wo Schubert sein liebstes rhythmisches Motiv wieder aufnimmt: eine Longa / zwei Breves. Das abschließende Accelerando überrumpelt den Zuhörer und lässt ihn erschöpft zurück.
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