LDV67
42 BRAHMS • SONATEN FÜR KLAVIER UND VIOLINE Das wundersame Einverständnis wiederholte Brahms in der Violinsonate Nr. 2, A-Dur, op. 100 , die er im Sommer 1886 am Thunersee komponierte und die in derselben hellen Tonart wie das Klavierquartett op. 26 aufleuchtet. Im selben Jahr entstand die Cellosonate F-Dur op. 99 , deren überaus „vitalistischer“ und froher Aspekt der Violinsonate gegenüberzustellen ist. Auch die Lieder des Opus 105 bezeugen die bemerkenswerte Ergiebigkeit des Sommers – drei davon ertönen im Laufe des Werks, das auch „Thuner Sonate“ genannt wird. Der Beiname ist Josef Viktor Widmann, einem Freund Brahms’, zu verdanken, der ein Gedicht schrieb – eine Ballade, wie sie Brahms mochte – und damit den seligen Zustand des Komponisten in jener Zeit zum Ausdruck brachte: „Und schlief und träumt’ am hellen Sommertag, so köstlich, wie ich kaum es künden mag.“ Gleich zu Beginn herrscht im Allegro amabile die ländliche Stimmung der Ersten Violinsonate , eine ruhige, fast spielerische Phrase, die sich von einem Lied nährt (und auch von einem berühmten Motiv von Wagners Meistersinger , doch dies ist ein Zufall), zunächst auf dem Klavier, dann von der Geige aufgegriffen. Das zweite sanft nostalgische Thema wird nach und nach reger bis zu einem dritten rhythmischeren und kräftigeren Thema, das nun den Diskurs führt. Auch hier ist die wahrhaftige Verschmelzung der beiden Instrumente zu bewundern. Eine ausladende und bemerkenswerte Coda, durch und durch verträumt, fast ein Wiegenlied, bringt den Satz zu einem energischen Abschluss.
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