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JEAN-PHILIPPE COLLARD 61 Bilder einer Ausstellung ist ein äußerst visuelles Werk. Welche Rolle gestehen Sie den Bildern in Ihrer Interpretation zu? Natürlich habe ich mir Viktor Hartmanns Zeichnungen, die Mussorgski inspiriert haben, angesehen, doch schnell wieder vergessen. Ich interessiere mich weniger für dasHeldentor oder denMarktplatz vonLimoges als solche, als für dieallgemeine Farbe des Stücks. Ich bin stets auf der Suche nach Farbe. Für mich spielen die Bilder eher eine Rolle in der Beziehung, die ich zum Publikum herstellen möchte. So kommt es vor, dass ich mich während der Konzerte ans Publikum richte. Manchmal verspüre ich das Verlangen, die Musik mit einigen Worten über die Werke zu begleiten, dawir als Interpretenmeines Erachtens die Pflicht haben, dem Herzen der Leute so nah wie möglich zu kommen. Dazu muss ich mit ihnen reden. Aber Bilder einer Ausstellung bedarf keinerWorte. Es ist einwunderbaresWerk, denn das Kommunikationsprinzip ist darin ausgeschöpft. Das Publikum stellt sich vor, eine Ausstellung zu sehen. Die Titel selbst sind schon sehr vielsagend: „Gnom“, „Tuilerien“, „Ballett der Küken“, „Hütte der Baba-Jaga“... Die Komposition erhält ihre volle Bedeutung, weil das Bild bereits vorhanden ist und die gesamte Wahrnehmung der Musik verändert. Unter derartigen Umständen ist unser Weg fast schon vorgezeichnet.
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