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58 RACHMANINOW // MUSSORGSKI Sie haben bereits Rachmaninows gesamte Klavierkonzerte eingespielt. Warum die Six moments musicaux ? Die Six moments musicaux sind ein faszinierendes Werk. Rachmaninow war erst 23, als er sie schrieb, und dennoch trug er schon die ganze Emotion, Angst und Nostalgie in sich, die er in seinem weiteren Werk zum Ausdruck bringen würde. Ich habe bereits mehrere Male bestimmte Momente gespielt und komme stets darauf zurück. Etwas in der Schreibweise vermittelt das Gefühl, dass man die Tastatur nie loslassen darf, dass man stets in der Musik verweilen muss, um die Phrasen zu formen und den Diskurs auszugleichen. Man ist ununterbrochen dabei, die musikalischen Linien zu „halten“, sie in die richtige Richtung zu führen. Man bearbeitet das Material wie ein Klangplastiker. Es kommt zuweilen vor, dass gewisse Passagen der Momente wie von einer Orgel klingen. Rachmaninow erzielt derartige Klangkombinationen, dass sie manchmal das Ausmaß einer Kultstätte erreichen. Beim Spielen habe ich den Eindruck, mich selbst zu überragen, übermich hinauszuwachsen – es ist etwas Höheres. Natürlich erst, nachdemman die technischen Hindernisse überwunden hat! Es ist in der Tat ein sehr komplexes Stück. Man muss genau wissen, was man im Kopf behält und was man in die Finger steckt.Wie der Dirigent Roberto Benzi eines Tages scherzte: „UmRachmaninow gut zu spielen, muss man alle Noten spielen können, aber darf sie auf keinen Fall alle spielen!“

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