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JEAN-PHILIPPE COLLARD 57 Rachmaninows Werk steht im Herzen Ihres Repertoires. Warum kommen Sie regelmäßig darauf zurück? Ich habe Rachmaninow immer wegen der Unmittelbarkeit seiner Musik geliebt. Sie ist dem Herzen nahe, unglaublich selbstverständlich. Vielleicht, weil sich Rachmaninow selbst seinem Instrument anvertrauen wollte: Er sprach mit dem Herzen, und sein Herz blieb auf der Tastatur. Über die Schönheit und die unmittelbare Emotion, die diese auslöst, hinaus, ist Rachmaninows Musik auch ein Reich der Gedanken. Darin finden sich sehr düstere Betrachtungen über die Existenz. Schließlich lernte Rachmaninow das Exil kennen. Der Künstler musste seine Heimat in Russland verlassen, die ihn inspirierte, doch seine Seele vergaß er nicht! Für einen Pianisten ist Rachmaninow besonders gewinnend. Zunächst, weil er selbst Pianist war – es heißt, er hatte wie ich große Hände. So wusste er also, wo die Finger hingehörten und schöpfte die Ressourcen vollends aus. Doch vor allem komme ich immer wieder auf Rachmaninow zurück, weil er das Klavier so besonders klingen lässt. Vor ihm hatte man noch nie ein derart orchestrales und überdimensionales Klavier gehört. Er schafft eine Art Trunkenheit, zugleich musikalisch und technisch, ein wahrlicher Genuss. Wenn es einen Komponisten gibt, den ich gern getroffen hätte, dann Rachmaninow. Ich hätte ihn zu gern spielen gesehen und die Kraft seines Spiels gehört. Er hatte die Gabe, Musik zu schreiben, die einen sofort berührt, und sie mit seiner technischen Meisterleistung und seiner klanglichen Kraft in ein riesiges Werk zu verwandeln. Wie soll man demwiderstehen?
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