LDV38.1

61 CÉDRIC PESCIA Was halten Sie vom Spiel auf historischen Instrumenten? Jahrelang dachte ich zu Unrecht, dass Bachs Genie aus dem Nichts aufgetaucht sei. Doch musikwissenschaftliche Kenntnisse sind wesentlich. Die Frage der Instrumentenkunde eröffnet wichtige Perspektiven für den Interpreten, der in der Pflicht steht, „historisch informiert“ zu sein. So lässt sich unter anderem Gustav Leonhardts und Scott Ross‘ Ansatz nicht ignorieren, der BachsWerk in dessen Kontext setzt. Der Künstler ist ein Kind seiner Zeit. Dennoch wäre für mich nicht infrage gekommen, das Ganze auf drei verschiedenen Instrumenten zu spielen. Zunächst, weil ich Pianist und keineswegs Spezialist anderer Instrumente bin, und dann, weil es eine bequeme Lösung wäre. Ich bin davon überzeugt, dass das Klavier – viel mehr als das Cembalo – die Möglichkeit gibt, die Stimmen eines Chors oder die Klänge einer Geige, einer Oboe usw. nahezulegen. Ohnehin ist die Instrumentenwahl eine endlose Debatte. Was stellte eine Herausforderung beim Erlernen und Aufnehmen des Wohltemperierten Klaviers dar? Bei der Aufnahme habe ich ohne Noten gespielt. Mein Blick war nicht mehr aufs Papier gerichtet, und ich spielte völlig frei. Im Konzert verwende ich die Noten. Für das zweite Buch, das komplexer als das erste ist, waren vier Tage im Studio nötig. Das erste war in nur drei Tagen aufgenommen. Ich habe das zweite Buch in zwei Sitzungen unterteilt und lange zwischen sehr unterschiedlichen Aufnahmen bestimmter Präludien und Fugen geschwankt.

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