21 TALICH QUARTETT Als sich Antonín Dvořák (1841-1904) erstmals im Ausland als Komponist vorstellte, hob seine Karriere von heute auf morgen ab. Die Mährischen Duette spielten eine wesentliche Rolle bei seinem internationalen Durchbruch. Sie weckten Johannes Brahms’ Aufmerksamkeit, der sie dem Verleger Fritz Simrock (1837-1901) empfahl. Dieser beauftragte Dvořák sogleich mit einem weiteren Werk ähnlicher Art: die Slawischen Tänze. Musikkritiker und -begeisterte übernahmen den Rest: Beide Neuheiten waren in Berlin schnell ausverkauft, und der Verlag musste sie gleich neu drucken lassen. Der Weg zu einem internationalen Publikum war dank einer Auflage der Duette mit deutscher Textübersetzung geebnet. Die Entstehungsgeschichte jener kurzen Stücke ist jedoch eng mit der tschechischen Sprache und der häuslichen Musikpraxis von Jan Neff (1832-1905), einem passionierten mährischen Auftraggeber, verbunden. Ursprünglich sollte Dvořák den Volksliedern lediglich eine zweite Stimme und eine Klavierbegleitung hinzufügen, entschied sich aber anders: Er schuf seine eigene Musik zum Text der traditionellen mährischen Lieder. Beim Entwickeln seiner musikalischen Schöpfung mit dem Wesen eines einfachen Volkslieds ging er auf einfallsreiche Weise wie ein moderner Komponist vor. Er kombinierte das scheinbar Unvereinbare: Schlichtheit und Raffinesse. Kurz nach der Veröffentlichung der Mährischen Duette druckte eine Berliner Zeitung eine wichtige Kritik des berühmten Musikkritikers Louis Ehlert (1825-1884), der mit seiner Begeisterung für die Duette nicht hinterm Berg hielt: „Als ich sie durchlas, ist mir ums Herz gewesen, als hätte ich schöne Mädchen gesehen, die einander mit duftenden Blüten bewerfen, auf denen der Tau noch glänzt.“ Der sehr detaillierte und vor allem äußerst lobende Artikel verursachte laut Verfasser selbst „einen förmlichen Sturm auf die Musikalienhandlungen“. Ab jenem Zeitpunkt war Dvořák ein sehr gefragter Komponist.
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