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46 DEBUSSY_12 ÉTUDES • LE MARTYRE DE SAINT SÉBASTIEN Kann man bei den Études von einer Läuterung des debussystischen „Sensualismus“ sprechen,der peuàpeu ineineArt Abstraktionabrutscht? Offenbar findet in den Études eine Läuterung des „Sensualismus“ und des „Impressionismus“ statt (Begriff, den Debussy im Übrigen entschlossen ablehnte). In dieser Hinsicht scheint mir eine Überlegung zum Thema der Titel interessant. Bis einschließlich Pour le piano (außer dem weltberühmten Clair de lune ) trugen Debussys Klavierstücke traditionelle Titel von klassischen Formen oder Tänzen oder waren von Chopin inspiriert. Ab Estampes begann die Zeit der evokativen und poetischen Titel, die Debussy von allen Banden freisprachen und es ihm ermöglichten, ein völlig neues musikalisches Universum zum Leben zu erwecken, und dies mit einer erstaunlichen Modernität beim Vorrang des Klangs vor der Note, der Verräumlichung der Klangfarben und einer neuen Konzeption der musikalischen Zeit. Diese Epoche war von außerordentlicher Pracht und Sinnlichkeit. Bei den Préludes entschied Debussy, die Titel am Ende jedes Stücks zu platzieren, in Klammern und nach drei Punkten, als seien sie eher eine Andeutung als eine Beschreibung und als würden sie bereits lieber Abstand zum literarischen Vorwand nehmen. Im Übrigen brachte Debussy in den Préludes einen Funken Humor und eine bittere Ironie ein, welche rhythmische Geistesblitze und Brüche begünstigten, die wiederum ihre volle Blüte in den Études fanden.
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